POSEN FÜR DIE EWIGKEIT
«POSEN» UND «POSTEN»
Das private Fotoporträt ist heute überall und immer verfügbar und auf den sozialen Medien jederzeit abrufbar. Ein Porträt im Museum hat eine ganz andere Prägnanz und Präsenz. Der Widerspruch zwischen Öffentlichkeit und Privatheit zeigt sich im Museum noch verstärkt. Jahrhundertealte Gesichter und heutige Menschen – waren sie damals wichtig, sind wir es heute? Wer ist «normal» und wer «besonders» und warum genau? Damals wurde eine spezielle Pose gewählt, die dann in einem gewissen Zeitraum gemalt wurde, danach kam das Bild an den entsprechenden Ort. Heute wird nach dem Posen gleich gepostet. Beide Porträtarten finden sich nun auf Schloss Werdenberg im Museum.

Selfies im Museum
Ein Museum sammelt in der Regel alte Kunst – und damit auch historische Porträts. Während einer ganzen Saison haben wir Fotoporträts gesammelt. Jede Besucherin und jeder Besucher konnte vor der aufgestellten Kamera posieren und sich ablichten lassen. Für einen Moment lang tauchte man unter allen anderen historischen Porträts auf einem Bildschirm mit einem Goldrahmen versehen auf. Flux und für ein paar Sekunden war jedes Porträtbild gleich selbst im Museum ausgestellt – jede und jeder gerade in derjenigen Haltung, in der man sich selber in der Bilderwand sehen mochte. Von über 11'000 Portäts haben wir gegen 1'000 ausgewählt, die nun im Loop auch weiterhin gezeigt werden und als Teil der gegenwärtigen Museumspräsentation zur historischen Erzählung des Schlosses geworden sind.
Meist bemisst sich der Wert eines Objektes – und in diesem speziellen Fall der Wert eines Porträtbildes – an der entsprechenden Präsentationsform. Ist es im Internet schon fast bewusst ein alltägliches, ja manchmal banales Sujet, kann es sich im speziellen Umfeld des Museums durchaus als besonders entpuppen. So hatte 2019 die interaktive Installation «Posen für die Ewigkeit» die Besucherinnen und Besucher angeregt, ein nachdenkliches, glückliches, überspitzt gezeichnetes, hässliches, formales, aussagekräftiges, mehrdeutiges, vordergründig zufälliges oder ein gerade besonders passendes Bild von sich selbst zu zeigen.
Ein Porträt für die Ewigkeit?
Bilderrahmen fassen ein Gemälde, seit barocker Zeit oftmals ein Porträt im Hochformat. An der einen Wand in der Halle des zweiten Stockwerks des Schlosses, neben- und untereinander aufgereiht, hängen ganz viele solcher Menschenporträts in Holzrahmen, die teilweise mit einem Goldlack überzogen sind. Manchmal sind die dargestellten Personen bekannt, manchmal reichen die wenigen Hinweise im Bild nicht aus, um sie alle zu identifizieren. Wie die Menschen gemalt sind, welche Kleider sie tragen und in welcher Haltung sie auftreten, gibt Hinweise darauf, ob es sich um wichtige Persönlichkeiten der Politik und des Adels handelt oder ob es begüterte Menschen waren. Arme Bauern, Mägde oder Kinder wurden in der Regel nicht porträtiert.
Und heute? Das eigene fotografische Abbild begleitet uns heute auf Schritt und Tritt. Ob auf dem ÖV- oder dem Autofahrausweis, im Blogeintrag im Internet oder auf der Zugangsseite meines sozialen Netzwerkkontos – der Schnappschuss oder das Selfie, unsere meist nur mehr digital vorhandenen Porträts sind uns eine wichtige Referenz der Selbstvergewisserung geworden. Sehr schnell werden diese Momentaufnahmen von gestern morgen bereits wieder mit dem Porträtbild von heute überschrieben.